Dieses Symposium widmet sich Übergangszuständen wie Trauer, Heilung und kollektiver Neubesinnung – und deren Verbindung zur Kunstkritik. Es fragt danach, wie die spirituelle, ästhetische und politische Arbeit der Kunst – das Aufspüren von Schmerz, die Kartierung intergenerationaler Traumata und das Entwerfen fragiler Architekturen der Fürsorge – mit der dringenden Notwendigkeit verknüpft ist, die Sprache zu erneuern, in der solche Arbeit geschieht. Der englische Titel „Art Critique as Midwifery of a Shifting in Consciousness” bezieht sich auf den Ausdruck „Midwifing a Cultural Shift“ („einen kulturellen Wandel zur Welt bringen“), der der Hebamme und Geburtsbegleiterin Rachelle Garcia Seliga zugeschrieben wird. Er geht aus einem Gespräch mit Stav Yeini hervor, das vom Verlust von Sprache durch Polarisierung, der Physiologie der Geburt und dem gegenwärtigen Bewusstseinswandel handelte – ein Wandel, der durch neue Technologien geprägt ist.

Diskutiert werden neue Begriffen der Kunstkritik jenseits linearer Medien und positioniert Kritik als einen Metabolismus des Umbruchs und des Aufbruchs – als eine Form des Zuhörens und Anders-Antwortens auf ästhetische wie gesellschaftliche Verschiebungen. Gemeinsam mit Mitgliedern der AICA Deutschland schafft die Veranstaltung einen konzeptuellen Rahmen, in dem Kritik als Analyseinstrument verstanden wird, das tief mit unserem Weltverständnis und den darin eingebetteten Vorannahmen verflochten ist. Kunstkritik wird hier neu gedacht als ein Werkzeug, das es erlaubt Schmerz, Traumata und ideologische Verhärtungen in künstlerischer Produktion zu verarbeiten – und das zugleich kritische Freude stiftet: eine Praxis der Anwesenheit, welche die Fixierung auf singuläre Formen der Wahrheit herausfordert.

Kann Kunstkritik zur Geburtshelferin eines neuen Bewusstseins werden, indem sie Raum offen hält für das, was noch nicht zur Sprache gefunden hat?

Programm

11 Uhr – Einführung & Klangintervention

12 Uhr – AICA Panel I: Schreiben über Kunst als Heilungsprozess
Teilnehmer*innen: Will Furtado, Kristian Vistrup Madsen Moderation: Ruth Noack

Dieses Panel erkundet, wie das Schreiben über Kunst als Gefäß für psychische und soziale Heilung dienen kann. Von den verkörperten Topografien von Ort und Überlieferung in AWC über Will Furtados diasporische, queere Redaktionspraxis bis zu Kristian Vistrup Madsens meditativer Prosa über Intimität und Institutionen – alle Beiträge stellen Verletzlichkeit als Methode ins Zentrum.

13 Uhr – AICA Panel II: Kunstkritik als mykologische Kommunikation
Teilnehmer*innen: Stav Yeini, Julieta Aranda Moderation: Stanton Taylor

Was kann Kritik vom Myzel lernen? Dieses Panel versammelt Künstler*innen, deren Praxis sich an der Schwelle zwischen dem Gesehenen und dem Erspürten bewegt – wo Performance, Pädagogik und Publikation alternative Wissenssysteme modellieren. Die somatische Praxis von Stav Yeini denkt Geburt und Grenze als klangliche Bedingungen neu, Taylor erforscht kollektives Körperwissen in Bewegung, Aranda unterbricht kapitalistische Zeit durch spekulative Infrastrukturen. Kritik, so die These, kann sich wie Pilzgeflecht horizontal ausbreiten – Hierarchien auflösen, aus Zerfall nähren, Netzwerke der Solidarität stützen.

15 Uhr – Gespräch mit Issa Amro und Barbara Debeuckelaere

In diesem Gespräch treffen bildbezogene Aktivismen auf bezeugende Fürsorge. Amro und Debeuckelaere sprechen über den Körper als Archiv, Fotografie als situiertes Wissen und die Poetik des Widerstands. Die Diskussion fragt, wie Kritik politische Realitäten bewohnen kann, ohne sie zu instrumentalisieren.

16 Uhr – Abschluss & Konzert
Ein kollektives Ausatmen. Der Tag endet mit einer musikalischen Darbietung von Stav Yeini, die affektive Resonanzen in Rhythmus verwandelt – ein Raum für nonverbale Kontinuität. Ergänzt durch gesammelte Notizen von Kate Brown.

Alle sind herzlich willkommen.  Um einen Platz zu sichern, bitte anmelden unter: distro@artsoftheworkingclass.org

Kuratiert von María Inés Plaza Lazo, Mitglied der AICA Deutschland, Herausgeberin und Gründerin von Arts of the Working Class.

Mit Unterstützung von Atelier Gardens und dem Institute for Film and Performance Expanded.

 

Uhrzeit

11:00 - 17:00